Nach einer verbreiteten Meinung sind Jugendliche kaum an Politik interessiert. Wer dagegen erleben konnte, wie Schülerinnen und Schüler des Roswitha-Gymnasiums Bernd Lange ausfragten, wäre schnell eines Besseren belehrt worden.

Drei Seminarfachkurse unter der Leitung von Frau Brix, Herrn Dr. Günther und Herrn Tölpe waren am 14. September bei dem Europaparlamentarier zu Gast in Brüssel. Nach einem aufwändigen Sicherheitscheck empfing Lange die Gruppe in den Räumen des Parlaments und stellte sich eine Stunde lang den durchaus kritischen Fragen. Lange war zunächst als Studienrat in der Nähe von Hannover tätig, bevor er eine Karriere als Politiker in der SPD antrat und heute als Vorsitzender des Handelsausschusses im Europäischen Parlament arbeitet. Sei es, dass es um die Rolle deutscher Rüstungsexporte, die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA oder die aktuellen Probleme der Flüchtlingsströme ging: Stets antwortete er geduldig, kompetent und aufmerksam. So erfuhr man etwa, dass Lange mit der Handelskommissarin Malmström kürzlich einen Vertrag ausgehandelt habe, wonach alle Parlamentarier Einblick in die Unterlagen der bislang hinter verschlossenen Türen geführten TTIP-Verhandlungen bekommen sollten – ein aus Verbrauchersicht (Stichwort „Chlorhühnchen“) sehr zu begrüßender Schritt. Nachdenklich und durchaus besorgt wurde er allerdings bei der Flüchtlingsfrage: Sie stelle das Projekt Europa vor eine Zerreißprobe bislang ungekannten Ausmaßes und könne die EU ernsthaft gefährden.


Nicht weniger lehrreich war auch ein Besuch der Schülerinnen und Schüler im sogenannten Parlamentarium, einer Einrichtung, die multimedial und äußerst anregend über Ursprünge, Entwicklung, Arbeitsweise und Ziele des europäischen Vereinigungsprozesses informiert und die oft als fern und fremd empfundene Politik aus Brüssel und Straßburg näher brachte. Viele Vor- und Fehlurteile über Europa ließen sich durch mehr Aufklärung, wie sie das Parlamentarium leistet, leicht korrigieren: Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass das angebliche bürokratische Ungetüm der Europäischen Kommission zu einer der effektivsten Verwaltungen der Welt gehört? Knapp 30.000 Angestellte verwalten über fünfhundert Millionen EU-Bürger. Zum Vergleich: Die Stadtverwaltung von München beschäftigt ca. 33.000 Angestellte!


Auch das Vergnüngen darf auf einer Studienfahrt natürlich nicht zu kurz kommen: Neben vielen kullinarischen Spezalitäten (z.B. herrliche Waffeln und ausgesuchte Pralinen) sorgte ein Besuch im mittelalterlichen Brügge für die nötige Abwechslung. Nachdem viele Schülerinnen und Schüler einer Studienfahrt nach Brüssel zunächst etwas skeptisch gegenüber standen, war das Urteil nach der Rückkehr doch ziemlich einhellig:

Es hat sich gelohnt!

 

Timo Günther

 

Die Teilnehmer der Studeinfahrt nach Brüssel.