Es sind an sich fröhliche Bilder, die den Besucher derzeit im Forum des Roswitha-Gymnasiums erwarten: Frauen im Gespräch, Männer mit Geigen, spielende Kinder, Familienaufnahmen.

Ausstellung Sinti Roma 1 600 800

Beklemmung stellt sich erst ein, wenn man sich vor Augen führt, dass fast alle Abgebildeten nur wenige Jahre nach der Entstehung der Aufnahmen verfolgt und ermordet worden sind.

Der Titel der Ausstellung verweist auf dieses Schicksal, er entstammt einem Brief des Sinto Josef Steinbach, an seinen Freund, den Fotojournalisten Hanns Wetzel, aus dem Jahr 1948. Steinbach informierte Wetzel darüber, dass er die Verfolgung durch die Nationalsozialisten überlebt hatte, dass aber viele seiner Bekannten nicht aus den Konzentrationslagern zurückgekehrt seien, darunter auch seine Eltern, Geschwister und Kinder. Die Fotos, um die er Wetzel als letzte Erinnerung an seine verlorene Familie bat, entstanden in den 1930er Jahren, als der Fotojournalist immer wieder Sinti- und Roma-Familien rund um Dessau-Roßlau besuchte. Ob Josef Steinbach diese Bilder je erhalten hat, ist nicht überliefert.

Bis heute wird dem Schicksal der Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus häufig nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die es verdient. Nur etwa 4.000-5.000 Angehörige dieser Volksgruppen überlebten die Verschleppung in die Konzentrationslager, nach dem Krieg standen ihnen selten Entschädigungen zu, da ihre Inhaftierung mit ihrer angeblich „asozialen und kriminellen Haltung“ begründet wurde. Erst 1985 wurden Sinti und Roma in einer Debatte des Bundestages offiziell als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt.

Die Ausstellung, die im Forum des Gymnasiums noch bis zum 30. November zu sehen ist, entstammt einer Zusammenarbeit des AJZ Dessau und der Universität Liverpool, in deren Bibliothek sich die ca. 200 Fotografien heute befinden. Sie kann wochentags von 15 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr besucht werden. Am 24. November gibt es zusätzlich eine Lesung mit der Historikerin Annette Leo. Der Eintritt ist frei. (jag)

 

Auftaktveranstaltung, Jana Müller vom Alternativen Jugendzentrum Dessau

Auftaktveranstaltung, Jana Müller vom Alternativen Jugendzentrum Dessau